Bei meinen Recherchen zur Obdachlosen-Uni (vgl. Blogeintrag zum Thema Obdachlosen-Uni) bin ich über die Ragged Schools gestolpert. Ein interessantes Vorläufermodell der Obdachlosen-Uni in Berlin…?
Anthony Ashley-Cooper war einer der Gründer des Vereins zur Verbesserung der Lebensbedingungen der arbeitenden Klassen. Neben Gemüsegärten für Landarbeiter und Kreditgesellschaften und Wohnheime für Arme, gründete der Verein 1844 die „Union der Zerlumpten Schulen“.
Es gibt jede Menge Stiftungen und Fördertöpfe, die sich die Armutsbekämpfung auf die Fahne geschrieben haben. Dement- sprechend gibt es auch jede Menge Fördernehmer, die sich Projekte ausdenken, die, naja, der Armutsbekämpfung dienen.
Bei meinen Recherchen und der Netzwerkarbeit fällt mir immer wieder auf, dass Soziale Einrichtungen, die z. B. Sozialarbeiter auf die Strasse schicken, um mit ‚Menschen mit Armutserfahrung‘ zu arbeiten, sich vor Anfragen manchmal gar nicht retten können. Obdachlose sollen interviewt werden, Fragebögen müssen ausgefüllt werden etc. Es entsteht so etwas, wie eine Konkurrenz um die Kundenkategorie ‚Mensch, dem geholfen werden soll‘.
„Komm zu uns, bei uns gibt´s die bessere Suppe“, denn da, wo es die besten Suppen gibt, und somit die meisten ‚Kunden‘ bedient wurden, da fließt auch die nächste Förderung hin…
Meine Idee: Wir gründen eine Zeitschrift für den modernen Obdachlosen. Hier können alle sozialen Einrichtungen, Forscherteams und Charma-Jäger inserieren und um ‚Kunde Obdachloser‘ werben.
Streetlife – das Magazin für den modernen Obdachlosen
Nachtrag vom 22.11.2011: …ach, sieh an, eine vergleichbare Zeitschrift gab es sogar schon mal: „Der Kunde. Zeit- und Streitschrift der Internationalen Bruderschaft der Vagabunden.“ Erscheinungsweise: „in zwangloser Folge“. Auflage: 1000. Preis: 30 Pfg., „Kunden, die unterwegs sind, bezahlen nichts“. Klingt nach einem guten Konzept… (vgl. Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus unter http://ur.dadaweb.de/dada-p/P0001693.shtml)
Heute und gestern fand in den Räumen der Stadtmission in der Lehrter Strasse in Berlin die Nationale Armutskonferenz 2011 statt. In der Hoffung meinen Fragebogen (vgl. Obdachlosen-Uni) unter die Leute zu bekommen, bin ich dann dort mal hingegangen.
Zu erleben gab es interessante Vorträge und schöne Arbeitsgruppen. Wie nicht anders zu erwarten, bin ich in der Arbeitsgruppe ‚Öffentlichkeitsarbeit für die Nationale Armutskonferenz‘ gelandet. Unsere Ideen sind demnächst unter www.sozin.de einzusehen.
Zwei sehr sympathische Ideen möchte ich an dieser Stelle kurz anreissen:
– Hundemasken:
Setzt Euch Hundemasken auf und fahrt somit schwarz mit den Öffentlichen (denn Hunde zahlen keine Tickets und fahren kostenlos). Was damit ausgesagt werden soll? Na, dass Obdachlose, Erwerbsarbeitslose und alle anderen Menschen mit Armutserfahrungen viel zu viel für die öffentlichen Verkehrsmittel zahlen müssen und dass es ihnen schlechter geht, als so manchen Hund, der kostenlos mitfahren darf. Unflexibler als ein Hund quasi… Ich möchte hiermit aber ausdrücklich niemanden dazu verleiten, dies wirklich zu tun. Ist nur so eine Idee, die natürlich NICHT zu empfehlen ist, da verboten, und was verboten ist, meine Dame/mein Herr, wird auch nicht gemacht!
– Flohmarkt mit nix
Mietet einen Flohmarktstand und verkauft nix, denn Ihr habt nix. Ich finde, dies ist eine eingängliche Idee, um den Leuten zu zeigen, wie es ist, nix zu haben. Man kommt bestimmt mit den einen oder anderen Flohmarktbesucher ins Gespräch.
Beide Idee könnten am 17. September umgesetzt werden (also übermorgen), denn dann ist Weltarmutstag.
Bisher gibt es in Berlin für Obdachlose nur wenig Chancen auf Bildung. Sie haben zwar das ‚Recht‘ in die Volkshochschule zu gehen bzw. auch alle anderen öffentlichen Bildungseinrichtungen zu nutzen, doch haben zum einen nicht die finanziellen Ressourcen für solche Lehrveranstaltungen, zum anderen haben sie oft (berechtigte) Skrupel in diese Lehreinrichtungen zu gehen. Abfällige Blicke und tuschelnde Mitschüler werden ebenso gefürchtet, wie Fragen nach Job und Wohnung.
Die Idee der ‚Obdachlosen-Uni‘ liegt darin, den Berliner Obdachlosen und Bedürftigen eine Bildungsperspektive zu geben, aber auch ihnen (neue) Motivation und Anerkennung zu schaffen. Dabei ist es wichtig, dass die Obdachlosen nicht nur die üblichen Kenntnisse zur Wieder-Eingliederung in die Gesellschaft sowie zu Hygiene und Gesundheit erlangen, sondern dass auch kreative Lehrangebote, wie Kreatives Schreiben, Fotowerkstatt, Social-Media etc. erstellt werden. Die Lehrveranstaltungen sollen inmitten der Lebenswelt der Obdachlosen stattfinden.
Mögliche Orte sind z. B. Obdachlosen-Unterkünfte oder sonstige Einrichtungen des alltäglichen Lebens eines Obdachlosen.
Zunächst soll geklärt werden, welche Ansprüche und Wünsche seitens der Obdachlosen bzgl. eines Lehrangebots bestehen. Dazu sollen mindestens 20, möglichst 50 Berliner Obdachlose mit Hilfe eines Fragebogens interviewt werden.
Ich freue mich auf Rückmeldungen und danke für die Mitarbeit!
Leitet den Fragebogen auch gern an geeignete Stellen weiter!! Danke auch hierfür!!
Bitte gebt den ausgefüllten Fragebogen an:
Nachhaltigkeitsguerilla e. V.
Maik Eimertenbrink
Ohlauer Str. 8
10999 Berlin
bzw. maik@nachhaltigkeits-guerilla.de
Nun gilt es, über ein interessantes Projekt in Senegals Hauptstadt Dakar zu berichten. Hier haben sich Graffiti-Künstler und Ärzte zusammengetan, um über Krankheiten wie Aids, Diabetes, Malaria und Tuberkulose aufzuklären. In Senagal wird, laut Professor Abdoulaye Niang, Soziologe und Forscher der Gaston Berger Universität in Senegal, Street Art mehr als Kunstform gesehen und weniger als Vandalismus betrachtet.
Graff & Santé ist eine dreitägige Veranstaltung unter der Mitwirkung von Doctas Team von Graffiti-Künstlern, die sich Doxandem Squad nennen. Sie gehen in die Wohngegenden der Bevölkerung der unteren Einkommensklassen, um Mauern mit Bildern und sozialen Slogans zu besprayen: „Gesundheit hat keinen Preis“ oder „Einheit in der Vielfalt“. Darauf folgt eine Aufforderung an Ärzte, ihre Zelte mitten auf der Straße aufzubauen, von wo aus sie die Bevölkerung gratis untersuchen und beraten, Medikamente verabreichen und Moskitonetze verteilen.
Was auffällt ist allerdings, dass mehr Fliegende Kaffees bezahlt werden, sprich auf den Listen der Cafés ‚verweilen‘, als dass sie abgerufen werden.
Es wäre also mal Zeit, dass sich das Konzept des Fliegenden Kaffee´s auch mal unter den ‚Menschen mit Armutserfahrungen‘ herumspricht.
Ich poste diesen Beitrag mal bei der Facebook-Gruppe „One Warm Winter – Jacken für Obdachlose in Berlin„. Habt Ihr noch weitere Ideen, wie wir das Konzept unter den ‚Bedürftigen‘ bekannt machen könnten. Ja, okay, ansprechen wäre eine Möglichkeit… Helft Ihr uns?
Wir berichten in diesem Blog ja immer wieder mal von unserem Projekt „Der fliegende Kaffee“ (vgl. www.fliegender-kaffee.de). Wie mir gesagt wurde, ist längst nicht bei allen teilnehmenden Cafés ein Aufkleber vom Fliegenden Kaffee an der Tür, so dass Passanten ja gar nicht wissen können, dass dieses Café mitmacht… Oha? Falls Ihr mal in der Nähe von eines der Cafés seit, die unter www.fliegender-kaffee.de zu finden sind, schaut doch einfach mal, ob ein Aufkleber an der Tür ist und wenn nicht, was eigentlich passiert, wenn Ihr einen fliegenden Kaffee bestellt (ach ja, und berichtet uns…!) Merci!
(Dieser Herr hat alles richtig gemacht, und den Aufkleber vom Fliegenden Kaffee an sein Schaukasten geklebt. Gut gemacht! Bildquelle: eigene)
Da fliegt was in der Luft…! Schon oft angekündigt und nun endlich online: www.fliegender-kaffee.com.
Meldet Euch gern, falls Euer Café auch mitmachen will!
Tja, die Überschrift klingt komisch, nicht wahr? ‚Bürgertreff für Weisse und Menschen mit anderer Hautfarbe“? Was soll das nun wieder? Na, wenn sich Bürger treffen, sollte es doch selbstverständlich sein, dass alle Hautfarben willkommen sind – ich meine, warum zum Teufel denn auch nicht?
Aber: es gibt nach wie vor ‚Bürgertreffs für Menschen mit und ohne Behinderung‘! Das Ziel dieser Einrichtungen ist durchaus gut und richtig, nämlich Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung zusammen zu bringen und gemeinsame Aktivitäten zu starten. Gemeinsam Kiezradio machen zum Beispiel. Gemeinsam kochen zum Beispiel. Gemeinsam picknicken zum Beispiel. Und so, nach und nach, einander zu akzeptieren, Freundschaften zu schließen und voneinander zu lernen.
Trotzdem: Der Name ‚…für Menschen mit und ohne Behinderung‘ hat etwas seltsam anmutendes. Warum muss das extra mit im Namen stehen? Solange soetwas extra genannt werden muss, ist es NICHT SELBSTVERSTÄNDLICH, dass Menschen mit und ohne Behinderung miteinander zu tun haben – und das ist erschreckend!
Ich musste gleich an den alten Bodycount-Hit denken, als ich den Artikel ‚Jim Caparo: neue Lebensqualität für unsere Städte mit Community Development‘ auf dem Netzwerk-Gemeinsinn-Blog gelesen habe (vgl. http://www.netzwerk-gemeinsinn.net/content/view/671/46/).
In dem Artikel wird beschrieben, dass z. B. Kindergarten-Mitarbeiterinnen ein unerschöpfliches Wissen über ihre Neighborhood, ihren Kiez, haben (Gespräche mit den Kindern und deren Mütter&Väter, Ausflüge, Arztermine im Kindergarten etc. pp), aber nach Feierabend nach Hause fahren und ihren Wohn-Kiez kaum kennen und dementsprechend auch nichts verändern dort.
Jim Caparo sammelt diese Informationen der ’sozialen Alphatiere‘ (wobei KindergärtnerInnen nur eine Sparte der sozialen Alphatiere sind; auch Elternbeiräte in den Schulen, Vorstände in Sportvereinen, Leiter von Gruppierungen in den Kirchen, Vertreter der Geschäftswelt etc. gehören dazu) und stellt eine Stärken-Schwäche-Analyse für die Nachbarschaft auf – mit dem Ziel, eine Vision zu erstellen, wie der Kiez in 10 Jahren aussehen kann und soll. Der Vision folgt dann der Leitfaden, wie man es dorthin schaffen kann.
Als Beispiel nennt Caparo Fragen, wie „Wie verbessern wir die Schulen?“, „Wie kriegen wir mehr Grün, Erholungsanlagen und Spielplätze in die Gegend?“, „Wo lassen sich die Verkehrsströme entzerren, mehr Sicherheit für Autofahrer und Fußgänger herstellen?“, „Wo gibt es baufällige Häuser und Wohnanlagen, und was muss passieren, um sie wieder in einen besseren Zustand zu versetzen?“ und „Wie ist die medizinische Infrastruktur beschaffen und wo liegen darin die Schwachpunkte?“. In Berlin-Prenzlauer Berg könnte eine Frage heissen „Wie erreichen wir eine Durchmischung unseres Kiezes? Wie erreichen wir eine Ent-Plastifizierung?“
Welche Fragen brennen Euch bzgl. Eures Kiezes bzw. Eurer Stadt, Eures Stadtteils, Eures Ortes auf der Zunge? In z. B. Bad Oeynhausen werden die Fragen sicherlich ganz anders aussehen als Berlin (in unserem Fall) oder in Chicago im Falle von Caparo.
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